Was bedeutet Trennung tatsächlich für Dein Kind?

„Ich komme doch gleich wieder.“

Diesen Satz hast Du vermutlich auch schon mal gesagt – vor allem zu Deinem Kind. Und Du meinst es sicherlich auch genauso. Du willst gleich wieder zurückkommen! Wirklich Gedanken über diese Worte hast Du Dir vermutlich nicht gemacht, warum auch? Es gibt doch keinen Grund dafür.

Oder doch??

Sind diese Worte vielleicht doch eher missverständlich zu verstehen? Und vor allem, was bedeuten sie für Dein Kind? Kann Dein Kind diese Worte überhaupt schon verstehen?

Wie sieht denn meistens solch eine Situation aus, in der Du so etwas sagst?

Du willst kurz etwas erledigen, egal was. Und Dein Kind will nicht, dass Du gehst. Es hängt an Dir. Es fängt vielleicht sogar an zu weinen. Es jammert und bettelt. Du zögerst kurz und versuchst eine Lösung zu finden. Du willst ja schließlich wirklich nur kurz etwas anderes tun. Du musst nur mal eben an den Schrank oder das Zimmer verlassen, um ans Telefon zu gehen. Oder Du willst/musst etwas im Haushalt erledigen. Vielleicht willst Du auch einfach nur zur Toilette gehen…

Doch Dein Kind lässt Dich nicht gehen! 

Dein Kind klammert, es wird lauter und fordernder, es scheint außer sich zu sein. Und Du bist gefühlt keine Sekunde mehr für Dich. Du kannst keinen, gefühlt aber auch wirklich gar keinen Schritt mehr alleine machen. Immer wieder kommen solche Situationen zustande. Manchmal steckst Du sie gut weg, manchmal bist Du einfach nur genervt… Kein Wunder! 

Dann willst Du tatsächlich irgendwie nur noch raus aus der Situation. Immer wieder kommst Du in solche Situationen und Du verlierst langsam, aber sicher die Geduld – wie menschlich!

Vermutlich fragst Du Dich auch:

Wird sich das noch mal ändern? 

Was sollst Du nur tun? Schimpfen? Dich einfach umdrehen und es „aussitzen“?  Ignorieren? Erklären? „Nachgeben“?

Ganz ehrlich, so richtig gut fühlt sich das nicht an, stimmt`s?!

Und doch steckt hinter dem Verhalten Deines Kindes etwas sehr Wichtiges und Elementares! 

Lass mich versuchen es Dir aus einer anderen Sicht zu erklären:

Dein Kind macht dies nicht, um Dich zu ärgern oder um Dich zu provozieren! Und Dein Kind will auch nicht einen Machtkampf ausfechten. Genauso wenig tut es dies alles, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Solche Gedanken darfst Du gerne wieder vergessen.

Denn, ganz simpel erklärt:

Dein Kind hat aufgrund seiner Unreife noch nicht die Möglichkeit, Deine Worte entsprechend einzuordnen, geschweige denn, die Bedeutung zu verstehen. Dein Kind kann durch die Unreife und die mangelnde Erfahrung nicht abschätzen, was bedeutet eigentlich „gleich“? Und wie fühlt es sich an? Wohin geht Mama oder Papa? Und warum? 

Also, Deinem Kind geht es in solchen Situationen schlecht, ja, wirklich schlecht. Das liegt in der Natur der kindlichen Entwicklung. Und das ist auch gut so. Daran trägst Du keine Schuld, das ist ganz wichtig zu verstehen! Hier geht es nicht darum, ob Du Dich durchsetzen kannst und dadurch eine gute Mama oder ein guter Papa bist.

Hier findet etwas ganz anderes statt. Denn Dein Kind erlebt gerade existenziellen „Alarm“, das heißt, es erlebt das Gefühl, dass Du nicht wiederkommen könntest. Ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn! 

Auch wenn Du das nicht so meinst, Dein Kind kann das noch nicht verstehen. Und das hat auch seinen Grund!

Lass mich nicht alleine!

Es steckt in uns: wir dürfen nicht alleine sein.

In unserer Natur steckt es drin, dass wir nicht alleine bleiben wollen. Als Kind sind wir auf die Nähe, auf das Da-Sein-der-Mama angewiesen, um überleben zu können (Heutzutage gilt das auch immer mehr für die Papas). Wir wären alle nicht hier, wenn unsere Vorfahren uns als Babys und Kinder alleine gelassen hätten! 

Das Gefühl der Trennung, bzw. alleine schon der Gedanke daran, lässt das Kind ein Gefühl erleben, welches es alarmiert, und den Körper dazu bringt Stress zu erleben. Dies führt dazu, dass andere Gefühle und Teile des Gehirns, die dafür zuständig sind, das Gehirn reifen zu lassen, blockiert werden.  

Ja, so ist es tatsächlich! Alleine schon der Gedanke an Trennung, bzw., das Gefühl einer sich anbahnenden Trennung lässt das Gehirn Deines Kindes (und übrigens auch Dein Gehirn), genauso arbeiten, als wäre diese Trennung gerade echt und real! Als würde diese Trennung gerade wirklich stattfinden. Wenn Dir das bewusst wird, kannst Du auch verstehen, warum Dein Kind sich so verhält, wie es sich verhält….

Dein Kind strebt ausschließlich danach, in Deiner Nähe zu sein, zu Dir zu kommen. Es will bei Dir sein und auf gar keinen Fall alleine bleiben. Dein Kind fängt an zu weinen, reißt die Arme hoch, macht Dir in jeglicher Form klar und deutlich „nimm mich mit“, „bleib hier“, „lass mich nicht alleine“! Für Dich erscheint es kaum nachvollziehbar und wirkt völlig überzogen, dennoch sind dies völlig natürliche Reaktionen für Dein Kind.

Bedauerlicherweise scheint sich ein Verhalten, eine Vorgehensweise etabliert zu haben, die dem Kind unglaublich schadet!

Die Trennung wird „geübt“. Frei nach dem Motto: das muss nur oft genug gemacht werden, dann „lernt“ mein Kind ja, dass ich wieder zurückkomme.

Diese Eltern bekommen bedingt auch recht – schließlich weint das Kind immer seltener, es scheint „zu lernen“, dass Mama oder Papa ja zurück kommt….

Doch leider ist das ein fataler Irrtum!

Durch die Trennung (auch wenn sie nur kurz ist) wird Dein Kind alarmiert. Und um sich davor zu schützen (Überlebensstrategie), panzert es sich. Und genau diese Panzerung hindert das kindliche Gehirn an der emotionalen (sozialen) Reifwerdung. 

Dein Kind ist stark gepanzert, bis Du (Mama oder Papa) wieder zurückkommst. In dieser Trennung ist Dein Kind unentspannt und unsicher. Es ist nur damit beschäftigt, dass Du weg bist und ob Du wieder zurückkommst. Und selbst wenn Du dann wieder da ist, bleibt der Alarm, denn das Kind kommt aus dieser Unsicherheit alleine nicht wieder heraus. Es bleibt die Unsicherheit, ob Du denn bleibst oder wieder weg gehst, und es wieder allein gelassen wird. Und dann vielleicht für immer… Ein entsetzlich grausamer Zustand für Dein Kind.

Wenn diese Alarmierung nicht abgebaut wird und sich Dein Kind nicht wieder entspannt, kann das Gehirn Deines Kindes nicht gesund arbeiten. Es bleibt gepanzert und die Reifwerdung wird blockiert. Wie gesagt, alleine der Gedanke an Trennung bewirkt dieselben Reaktionen, wie die echte Trennung… 

Du bist dafür verantwortlich, dass sich diese Blockade wieder auflöst und sich Dein Kind wieder entspannen kann.

Nach einer Trennung, egal ob nur kurz oder nach dem Schlafen oder ähnlichem, ist es existenziell wichtig für Dein Kind, dass die Bindung wieder aktiviert wird und gehalten wird. Und zwar von Dir aus! Damit Dein Kind erfährt, dass es sicher und geborgen ist. Oder sich zumindest so fühlen kann. (siehe auch Blogartikel Schlafengehen als Trennung?)

Und zwar eben durch Dich! 

Genau dadurch erfährt Dein Kind, dass Mama oder Papa „wiederkommt“, durch die Aktivierung und das Halten der Bindung.  

Dein Angebot an Nähe und Bindung für Dein Kind, muss größer sein als die Nachfrage und das Streben Deines Kindes nach Nähe und Bindung zu Dir!

Nur durch ein „Mehr“ an Bindung und an Nähe kann Dein Kind sich gesund entwickeln. 

Nicht durch das Trainieren von Abstand nehmen und durch das Abhärten. Dies ist ein schrecklicher Irrglaube!

Dein Kind kann durch diese Panzerung keine Reifwerdung erleben. Und genau das willst Du doch. Dein Kind soll sich gesund entwickeln und ein soziales und mitfühlendes Wesen werden. Und nicht gefühllose Nachahmung erlernen. 

Doch diese Entwicklung geschieht nur, wenn Dein Kind sich sicher fühlen kann, wenn es sich entspannen kann und Du gegenüber Deinem Kind in der fürsorglichen und verantwortungsvollen Haltung bist. 

Je mehr Trennung Dein Kind erlebt, je mehr es Trennungen ausgesetzt ist, umso schwieriger wird es für Dein Kind sich emotional und sozial entwickeln zu können. Und umso mehr Auffälligkeiten können nachträglich, also mit zunehmenden Alter Deines Kindes entstehen…. Vielleicht kennst Du sogar solch einen Menschen – erwachsen, aber nicht reif!? 

Wenn Du also „unnötige Trennungen“ vermeiden kannst, dann vermeide sie!

Versuche daher in allen möglichen Situationen Deinem Kind die Möglichkeit zu verschaffen, sich sicher zu fühlen. Indem Du das Angebot an Nähe größer sein lässt, als die Nachfrage Deines Kindes nach Deiner Nähe. Indem Du Deinem Kind „voraus bist“. Als Beispiel:

 – Du bietest Deinem Kind an, es zu tragen – es muss nicht danach fragen.

 – Du erinnerst an das Vorlesen einer Geschichte – übrigens nicht nur abends.

Du nimmst es in Deine Arme oder auf Deinen Schoß und kuschelst – es muss nicht danach betteln.

Du sorgst dafür, dass emotional „versorgt“ und satt ist – wenn es danach fragen muss, läuft es verkehrt.

Du sorgst für Orientierung und handelst vorausschauend – unnötige Fragen an Dein Kind setzen es unter Stress.

Dein Kind soll keine Verantwortung für sich übernehmen müssen – es soll sich nur entspannen und entwickeln dürfen. 

Schau, dass Du dabei immer auf Eure Situation blickst. Du hilfst Deinem Kind nicht, wenn Du etwas auswendig lernst und runter spulst. Es sollte immer passen – für Dich und Dein Kind!

Nochmals zum Verständnis:

Es geht immer darum, in welcher Situation Ihr Euch gerade befindet. Der Kontext ist wichtig! Und Dein Handeln ist immer situativ ausgerichtet! Nur Deine Haltung gegenüber Deinem Kind ist möglichst immer gleich:

Die fürsorgliche Verantwortung!

Wenn Du Dich in dieser fürsorglichen Verantwortung befindest, dann kannst Du Dein Kind entsprechend emotional nähren und versorgen, so wie es von der Natur gedacht ist. Ganz gleich, wie alt Dein Kind ist. 

Denk immer daran:

Du bist das Beste, was Deinem Kind passieren kann –
jeden Tag- immer wieder.

Fühlst Du Dich ermutigt die Situation mit Deinem Kind mit anderen Augen zu sehen? 

Dann erfahre regelmäßig mehr über die Möglichkeiten eine stabile und lebendige Beziehung mit Deinem Kind zu führen!

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Herzlichst
Deine Alexandra

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Kennerin der sensiblen Kind- Eltern- Beziehung, Eltern- Motivatorin und Coach.

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