Jeden Abend dasselbe Theater beim Einschlafen?
Doch warum eigentlich? Muss das so sein? Oder hat nur Dein Kind Schwierigkeiten einzuschlafen?
Nun, vielleicht läuft es auch bei Dir so oder so ähnlich ab:
Dein Kind soll ins Bett, und will nicht. Es findet noch zig Sachen, die es erledigen muss… Nach einiger Zeit schaffst Du es dann doch irgendwie, dass es endlich bettfertig ist. Doch es will einfach nicht zur Ruhe kommen. Es zappelt und plappert. Du schaffst es, dass es sich hinlegt und Du liest noch was vor oder singst ein Gute-Nacht-Lied, doch Dein Kind will einfach nicht einschlafen. Es scheint glockenwach. Du sprichst mit Deinem Kind, leise und ruhig, doch es ist wie aufgezogen. Du erklärst, warum es so wichtig ist, dass es jetzt schläft, doch an Schlaf ist bei Deinem Kind nicht zu denken. Es wird sogar weinerlich. Und Du blickst auf die Uhr und weißt, es ist noch nicht vorbei….
Und langsam, aber sicher kippt die Stimmung… Du bist nur noch müde, erschöpft, gereizt und ratlos. Und es ist jeden Abend dasselbe Dilemma.
Kommt Dir das bekannt vor?
Vermutlich ja! Doch die gute Nachricht ist:
Du bist damit nicht alleine!
Und die noch bessere Nachricht ist, dass hinter dem Verhalten Deines Kindes etwas ganz Natürliches und Gesundes steckt! Wirklich wahr! Auch, wenn es sich gerade nicht so für Dich anfühlt.
Wenn Du jedoch verstanden hast, was dahintersteckt, wirst Du sehr bald etwas ändern können.
Hierzu muss ich allerdings etwas ausholen und vorab einiges erklären.
Also:
Dein Kind erlebt beim Schlafen gehen Trennung!
Echte reale Trennung! Heftig und schmerzvoll.
Ja, es ist eine Trennung, wenn Dein Kind die Augen schließen soll und nicht mehr mitbekommt, was alles noch stattfindet. Wenn es abgeschnitten wird von dem Außen. Es fühlt sich bedrohlich an und erzeugt ein unsicheres Gefühl bei Deinem Kind. Und dieses unsichere Gefühl ist so stark, dass es sich nur noch dagegen wehren kann. Eben auch durch weinen, klammern, usw. Denn für Dein Kind ist diese Trennung existenziell. Genauso, wie viele andere Trennungen für Dein Kind ebenfalls existenziell sind, auch wenn es sich für Dich ganz und gar anders anfühlt.
Doch genauso ist es.
Und das fängt vom ersten Augenblick im Leben Deines Kindes an. Das Schlafenmüssen, die Augen schließen und spüren, dass dann alles weg ist, das ist bedrohlich und nicht greifbar. Dein Kind will das nicht. Und das ist von der Natur auch durchaus so vorgesehen. Nicht einfach einschlafen ohne Schutz und Sicherheit. Dieses Gefühl ist seit langer Zeit tief in uns verankert – sonst wären unsere Vorfahren vermutlich alle gefressen oder überfallen worden… Und wir wären nicht hier!
Schlafen bedeutet für Dein Kind, dass es Nichts mehr mitbekommen kann. Es weiß nicht, was in der Zeit des Schlafes stattfindet.
>> Werde ich wieder aufwachen? Wird Mama oder Papa dann noch da sein? Werde ich dann noch geliebt werden?? Wohin gehe ich denn, wenn ich schlafe? Was passiert in der Zeit? Was verändert sich? <<
Meistens ist es auch noch dunkel, alles erscheint unheimlich und unwirklich. Es gibt andere Geräusche und anderes Licht. Alles ist schemenhaft und nichts wirklich zu erkennen. Plötzlich sieht alles anders aus und hört sich anders an. Und es fühlt sich auch anders an.
Für Dich ist das alles selbstverständlich geworden, doch eben nicht für Dein Kind!
Und Dein Kind versucht es natürlich zu ändern. (Was unser Gehirn automatisch macht: nach Lösungen suchen – großartig, oder?!) Es versucht es auf seine Art und Weise zu ändern….
Und wie versucht Dein Kind es zu ändern?
Es will noch was trinken. Es muss noch mal zur Toilette. Es braucht ein anderes Kuscheltier. Es hat was gehört, was es nicht einordnen kann. Es muss nochmal Gute-Nacht-sagen. Es hat noch Hunger. Es will nicht alleine sein….
Es fängt an zu weinen. Es wird unruhig. Es wird laut. Es schreit vielleicht herzzerreißend. Es wehrt sich gegen das Einschlafen. Es klammert sich an Dich. In diesem Moment ist Deine ganze Aufmerksamkeit gefordert, und Du bist nur noch müde, erledigt und kraftlos… und genervt. (Und ich fühle so sehr mit Dir!)
Und egal, was Du alles versuchst, es zieht sich und Du kommst mal wieder an Deine Grenzen.
Dein Kind kann allerdings nichts dafür! Es macht dies nicht mit Absicht. Und es verhält sich auch gerade nicht so, um Dich zu ärgern, zu provozieren oder ähnliches! Es kann einfach nicht anders! Es kann halt noch nicht reflektiert und überlegt an solche Situationen herangehen. Es ist schließlich noch unreif! Für Dein Kind ist allein dieser Gedanke an das Einschlafen, also an die bevorstehende Trennung (von Dir) eine riesige Herausforderung und eine frustrierende Situation. Einerseits ist es sicherlich müde, aber es will nicht einschlafen, denn dann ist es ja „weg“! Du bist „weg“. Alles ist „weg“! Es ist wirklich ein sehr anstrengender Zustand – auch für Dein Kind. (siehe Blogartikel Was bedeutet Trennung für Dein Kind)
Dein Kind fühlt die Trennung so sehr – und dieses Gefühl ist so bedrohlich.
Auch wenn es Dir gerade in solchen Momenten schwerfällt, versuche Dich Deinem Kind mit Worten des Mitgefühls und des Verständnisses zu zuwenden. Ohne das Verhalten zu bewerten oder es abzutun. Sondern mit Worten des echten Trostes.
Denn Dein Kind hat gerade arg zu kämpfen mit der bevorstehenden Trennung von Dir!
Um dadurch zu kommen, braucht es Dich dafür, denn:
Du findest die richtigen Worte.
Du vermittelst Deinem Kind ein sicheres Gefühl.
Du stellst sicher, dass Du da bist und sich Dein Kind entspannen kann.
Du übernimmst die Verantwortung.
Du findest eine Lösung.
Du baust die Brücke über diese Trennungszeit.
Es ist klar, Dein Kind braucht von Dir die dringende Bestätigung, dass am nächsten Tag alles immer noch da ist!
Du. Die Umgebung. Das Licht. Die Luft. Die Menschen. Die Spielsachen. Das Zimmer. Die Sonne. All das Andere. Deine Nähe. Du, und nochmal Du…
Diese Unsicherheit ist für Dein Kind kaum auszuhalten.
Auch wenn Dein Kind bereits mehrfach problemlos eingeschlafen ist. Diese „Erkenntnis“, dass während des Schlafens alles irgendwie „weg“ ist, kommt häufig zu einem Zeitpunkt, an dem Du gar nicht damit rechnest. Und dann fragst Du Dich natürlich, was denn nur los sein könnte mit Deinem Kind. Und denkst vermutlich gar nicht mehr an diese Möglichkeit der Trennungsangst bei Deinem Kind.
Ganz besonders für hochsensible Kinder ist diese Trennung nahezu unerträglich! Dann werden noch viel mehr Mitgefühl und Verständnis gefordert – immer und immer wieder. Und zeitlich dauert es meist noch länger, auch vom Alter her, als bei manch anderem Kind. Dies kann sich bis in die Vorpubertät ziehen. Doch Du kannst hier viel beeinflussen.
Bedenke daher immer wieder:
Ein Hauptgrund von Trennungsangst, ist das Einschlafen!
Dein Kind will und muss wissen, was in der Zeit des Schlafes passiert. Allerdings bitte keine wissenschaftlichen Vorträge halten. Okay, es kann natürlich sein, dass das ein oder andere Kind so etwas gut findet, doch davon solltest Du nicht zwingend ausgehen.
Finde gefühlvolle Worte und Beschreibungen. Erzeuge mit Deinen Worten Sicherheit bei Deinem Kind. Dann kann es an dieser Sicherheit festhalten. Vor allem, wenn die immer wiederkehrende Erfahrung zeigt, dass Dein Kind sich darauf verlassen kann, dass Du am nächsten Morgen da bist, dass Deine Worte vom Vorabend wahr sind. Dass Deine Voraussagen stimmen. Dann kann es irgendwann auch anfangen, sich langsam zu entspannen und sich auf diese Aussichten freuen. Hier liegt viel Kraft in der immer wiederkehrenden Wiederholung. Dies gibt Deinem Kind ebenfalls Sicherheit. (siehe Blogartikel Was bedeutet Trennung für Dein Kind?)
Und Du kannst diese Einschlafsituationen wunderbar überbrücken. Natürlich nicht nur einmal, sondern jeden Abend (und natürlich auch beim Mittagsschlaf!). Ja genau, Du schlägst eine Brücke mit Worten zwischen Einschlafen und Aufwachen. Du sorgst somit dafür, dass Dein Kind sich entspannen kann und einen ruhigen und erholsamen Schlaf findet. Und dies trägt dazu bei, dass es möglichst entspannt ist, wenn es wieder wach wird. Und Du dann natürlich auch da bist.
Hierfür gibt es viele Möglichkeiten.
Dies sind selbstverständlich nur Beispiele!
Du wirst am besten wissen, was für Dich und Dein Kind und in die jeweilige Situation passt:
– Indem Du Dein Kind wissen, lässt, was ihr am nächsten Tag unternehmt und es vielleicht auch beschreibst. (Das kann auch der gemeinsame Einkauf sein.)
– Du erzählst Deinem Kind, wie Du es wecken wirst oder dass Du es als erstes umarmen, festhalten oder küssen wirst. Was Du natürlich auch tust!
Gib Deinem Kind mit Deinen Worten das Gefühl, dass Eure Verbindung nicht und niemals abbrechen oder abreißen kann, nur weil es schläft. Dein Kind benötigt diese Gewissheit, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts Euch trennen kann! Nur so kann es im Schlaf wirklich entspannen.
Formulierungen, die zu Dir und Deinem Kind passen, sollten genauso dazugehören wie abendliche Rituale.
Egal ob es das Vorlesen ist. Das gemeinsame Licht ausschalten. Die Stofftiere oder Puppen ins Bett bringen. Gemeinsam Kuscheln. Lachen. Ein Gute-Nacht-Lied singen. Was auch immer. Oder dass ein Nachtlicht angeschaltet wird. Eine Spieluhr läuft. Völlig gleichgültig, was bei Euch passt und Deinem Kind Gut tut!
Vermutlich habt Ihr bereits solch ein Ritual. Das wäre wunderbar.
Doch Deine Worte zur Überbrückung der Trennung während des Schlafes, sollten mindestens genauso wichtig sein!
Formulierungen wie,
„Ich denke an Dich.“
„Ich bin da, wenn Du nach mir rufst oder mich brauchst.“
„Ich schaue immer wieder nach dir, auch wenn du bereits schläfst.“ (was Du natürlich auch tust!)
„Nichts kann uns trennen!!“
„Ich freue mich jetzt schon auf morgen früh, wenn ich Dich in den Arm nehmen kann!“ (und am nächsten Morgen nimmst Du es in den Arm!)
sollen Dich nur auf Ideen bringen.
Deine eigenen mitfühlenden und sanften Worte sind wichtig und passend! Kannst Du Dich vielleicht sogar noch an die Geschichten oder Einschlafrituale Deiner Eltern erinnern? Kinder lieben solche Geschichten.
(Übrigens, wenn es sich einrichten lässt und Du bei Deinem Kind bleibst, bis es eingeschlafen ist, wird es ganz sicher keinen Schaden nehmen… ;0))
Und noch was von mir: ein Frühstück im Bett (ohne krank zu sein!), ist eine wunderbare Möglichkeit Nähe und Bindung aufzubauen! Und es macht auch noch richtig viel Spaß! Vielleicht klappt es ja sogar auch mal, obwohl Schule ist!? Spontan? Oder ein Abendessen im Bett, bevor die Betten bezogen werden müssen? Oder ein Essen als Picknick im Wohnzimmer, mal so ganz anders? Genau solche Momente erzeugen wirklich schöne Erinnerungen bei Deinem Kind – und sicherlich auch bei Dir. Und eben halt auch ganz viel Nähe! Sei kreativ und lass Deine Fantasie spielen.
Denk daran, dass diese Art der Nähe ein „Bindungssattes Gefühl“ verschafft. Und Deinem Kind hilft, entspannter einzuschlafen und sich sicherer zu fühlen –
Vorab, und nicht erst abends im Bett.
Denn:
Bindung und Nähe aufzubauen geht immer. Egal wo, wann und wie. Und ist immer wichtig und richtig!
Lass mich gerne wissen, wie es Euch geht und wie sich Eure Situation verändert hat.
Und denk immer daran:
Du bist das Beste, was Deinem Kind passieren kann –jeden Tag- immer wieder.
Fühlst Du Dich inspiriert die Situation mit Deinem Kind mit anderen Augen zu sehen? Dann findest Du noch mehr Motivationen durch meinen regelmäßigen Newsletter.